Winni
Identität - Gedankenaustausch
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Identität - Gedankenaustausch
Hallo Winni,

auch wenn dein Beitrag schon ein wenig her ist, hoffe ich dass dich das Thema noch beschäftigt und Antworten erwünscht sind.
Ich habe an der Uni mal ein Referat zum Thema Identität gehalten und das Thema hatte mich total gefesselt, und verwirrt. Also die Historie, was man früher gedacht hat, was Identität ist (Man wird mit ihr geboren und sie muss wie eine Pflanze sich richtig entfalten, bis sie irgendwann nach vorgefertigtem Bauplan fertig ist). Und dann die Entwicklung dazu, was man mittlerweile denkt, wie komplex das ganze ist und wie sehr "die Identität" Prozessen, Entwicklungen und so weiter unterworfen ist. Schon damals (und da kannte ich den Begriff der DIS noch lange nicht und hatte auch null Ahnung davon) dachte ich, dass man eigentlich nicht von der einen Identität sondern von mehreren Identitäten sprechen müsste. Ich weiß nicht mehr, nach welchem Wissenschaftler ich das Identitäsmodell vorgestellt hatte, nur noch, dass es eigentlich um Folgendes ging (frei nach meiner eigenen Auffassung):
Ein Mensch wird geboren, er entwickelt sein Ich mit fotschreitendem ALter immer weiter aus, entwickelt eigentlich sogar mehrere Identitäten - eine für die Schule, eine für die Clique, eine für die Eltern, eine für die Beziehung. Dazu kommt noch die "Identität" die einem das Umfeld rückmeldet - und irgendwie soll das ganze durch Reflektieren etc sich in eine einzige Identität verschmelzen, die aber ständiger Veränderung unterliegt. PUH! "Die Identität" als etwas festes, stehendes gibt es also gar nicht.
Damals dachte ich dann so: ok, das erklärt warum ich einerseits mit meiner Streberclique super klar komme, andererseits auch super zu meiner Punkclique passe (mal ganz plakativ), etc. Allerdings konnten die beiden Teilidentitäten, die mit den Gruppen zusammen unterwegs waren für mich nie zusammengeführt werden. Rückblickend dann wohl: ok, ein Teil von mir war dort, ein anderer Teil von mir dort.

Und ich verstehe deine Frage, wieso es nicht mehrere ICHs in einem Körper geben darf. Denn irgendwie---- genau so habe ich das Ganze immer verstanden. Und seit ich meine DIS Diagnose bekommen habe, muss ich immer wieder an dieses Referat denken und an das, was ich dazu alles gelernt habe. Ich meine - irgendwie ist es doch genau das gleiche - und dort heißt es das sei normal. Okay, gerne lasse ich dabei unter den Tisch fallen, dass bei anderen Menschen anscheinend die Identitäten nicht dermaßen getrennt sind, dass die andere nix von der einen weiß, bzw was die gemacht hat (welcher normale Mensch macht sich schon Gedanken, ob jetzt Identität A bei Eltern ne andere ist als Identität B bei Freunden???). Über sowas redet man normalerweise nicht, und somit hat für mich dieses Identitätsmodell absolut gepasst. Und es hat alles auch für mich gepasst. Und jetzt plötzlich soll es das laut Definition nicht mehr - und soll doch irgendwie das gleiche sein nur mit einer "Spaltung", die mein Gehirn gebraucht hat, um mein Leben zu überleben. Ich denke, ich drehe mich mit meinem Geschreibsel bald im Kreis, doch dieses Thema beschäftigt mich, seit meine Therapeutin meinte "Ich glaube, Sie sind nicht allein in ihrem System. Sie sind Viele. Sie haben eine Dissoziative Identitätsstruktur" Oh, und ich danke meiner Therapeutin, dass sie das Ganze als eine Struktur bezeichnet und nicht als eine Störung. Sie sagt, das sei keine Krankheit oder etwas Falsches (was das Wort Störung ja impliziert), das sei eine Struktur, die mir geholfen hat zu überleben. Und im Endeffekt ist es doch genau das, eine Struktur. So bin ich im Inneren aufgebaut, das ist meine Struktur. Ich bin keine Störung. Als ich den Begriff gegoogelt habe, tauchten natürlich Treffer mit der Bezeichnung "Störung" auf und das fand und finde ich immer noch unpassend. Zwar stört es mich manchmal, aber... ;)


Du fragst noch, woraus Identität besteht... Ist Identität nicht im Endeffekt die Summe unserer Erfahrungen, Erlebnisse und Gedanken? Also mal ganz grob betrachtet. Identität soll das sein, was uns ausmacht. Wodurch wir anderen Menschen gleichen, wodurch wir uns von ihnen abheben. Das warum nicht alle Menschen genau gleich sind, sondern jeder Mensch ein Individuum. Und genau das ist es doch, was man in meinen Augen mit Worten nicht ausdrücken kann. Und wenn man das Ganze nun so ganz einfach betrachtet: da kann es eine Störung nicht geben, weil eine Identität nicht festgelegt sein kann. Im Übrigen habe ich noch in keiner wissenschaftlichen Abhandlung gelesen, dass Identität an einen Körper gekoppelt sei. Warum soll es also nicht mehrere Identitäten in einem Körper geben? Somit müsste man so eine Tatsache nicht als "unnormal" ansehen... Und dann wirft sich aber die Frage auf: gibt es Körper ohne Identität? Wozu gehört die Identität? Zum Geist/zur Seele/ oder wie auch immer man es nennen mag?


Nachrichten in diesem Thema
Identität - Gedankenaustausch - von Winni - 24.05.2020, 00:54
RE: Identität - Gedankenaustausch - von Maddox - 24.05.2020, 02:27
RE: Identität - Gedankenaustausch - von Ulli - 24.05.2020, 14:25
RE: Identität - Gedankenaustausch - von Gelöschter User 01 - 25.05.2020, 14:35
RE: Identität - Gedankenaustausch - von Bissi*gaga - 12.07.2020, 21:11

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