Kleine Wölfin
Wo alles began
3
1107
  • 1 Bewertung(en) - 2 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Wo alles began
Heute ist ein besonderer Tag für uns. Es flatterte ein positiver Bescheid vom OEG bei uns in den Briefkasten.
Unsere Gefühle dazu - hm - wir suchen gerade noch nach einem gemeinsamen Gefühl. Das wird wohl noch ne Weile dauern.

Doch, wie kam es dazu?
Es began alles hier, hier im Forum. Ich bin Ende Juni 2018 rein zufällig auf dieses Forum gestoßen, nachdem ich im Netz nach Erklärungen zu DIS gesucht habe. Ich brauchte damals Antworten, da ich unglaublich viele Fragen hatte und in mir alles brodelte, weil ich von meiner ambulanten Therapeutin die Diagnose DIS bekommen hatte. Ich stieß auf den Chat. Und ich schrieb dort mit sehr netten und wohlwollenden Menschen, die mir gerne Auskunft erteilten und meine Sorgen und Ängste ein wenig nahmen. Da ich vorher wenig Kontakt mit Betroffenen hatte, war ich so froh endlich Menschen gefunden zu haben, die mich/uns auf Anhieb verstanden haben. Mit denen ich offen reden/chatten konnte, ohne mich kompliziert erklären zu müssen. Das tat mir unheimlich gut. Ab und an traute ich mich dann auch mit dem Einen oder der anderen zu telefonieren. Und genau in so einem Telefonat kam das Thema auch auf den OEG. Ich erfuhr zum ersten Mal, dass es sowas überhaupt gibt.
Da ich zu dieser Zeit mit meinen Therapiestunden über die Kasse fast am Ende war, dachte ich mir, vielleicht klappt es durch den OEG wenigstens noch weiter Therapie machen zu können. Ich entschied mich also so einen Antrag zu stellen. Ich muss dazu sagen, ich hatte damals wirklich keine Ahnung, was mich erwartet, geschweige denn, was ich da überhaupt beantragt hatte. Doch ich war immerhin so schlau mich dahingehend zu informieren, wie ich so einen Antrag stellen kann und ob es Stellen gibt, die einem dabei helfen. Ich telefonierte mich erstmal durch und landete bei einer Beratungsstelle für Frauen, die Gewalt erfahren haben. Dort machte ich einen Termin aus und wir füllten den Antrag gemeinsam aus. Das war sehr gut, denn alleine hätte ich es nicht geschafft.
In der Beratungsstelle sagte man mir schon, sowas kann sich lange hinziehen und ich solle mich erstmal auf die Therapie konzentrieren.
Tatsächlich ist lange warten ein sehr dehnbarer Begriff. Ich wartete und wartete und wartete, bis ein Brief ankam, indem stand, ob ich noch Klinikberichte aus der Zeit vor 2009 hätte. Ich ging zu meiner Hausärztin und tatsächlich, sie kramte noch einen alten Bericht von einem stationären Klinikaufenthalt heraus. Den schickte ich an das LA.
Danach wieder warten, warten, warten.
Es folgte ein Anruf etwa ein halbes Jahr später. Inzwischen wartete ich ja schon über ein Jahr.
Die Dame am Telefon meinte, ob ich für den Missbrauch einen Zeugen hätte, dann wäre alles einfacher. Ich schluckte, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Man muss dazu sagen, ich bestand darauf, keine Anzeige zu schalten, da ich zu viel Angst hatte.
Ich sah bei dem Gedanken, einen Zeugen zu finden schon den ganzen Antrag sich in Luft auflösen. Ich hatte einfach Angst meinen Bruder zu fragen, ob er mir hilft und was schreibt.
Dann gab mir hier jedoch eine liebe Person einen Schubser und ich traf mich mit meinem Bruder. Wir hatten ein langes Gespräch, aus welchem ich ziemlich unstabil nach Hause fuhr. Zum Glück habe ich eine gute Therapeutin, die auch mal am Wochenende telefoniert.
Mein Bruder schrieb einen Brief. Er schrieb und schrieb sich alles von der Seele und bestätigte den Missbrauch in meiner Familie und auch die Gewalt.
Ich bin ihm dafür unbeschreiblichs dankbar, wie mutig er war. Ich schickte den Brief an das LA.
Dann hörte ich wieder lange nichts. Ich wartete und wartete wieder fast 1 Jahr, bis ein Brief im Briefkasten lag.
Darin wurde mir mitgeteilt, dass ich zu einer Gutachterin müsste. Ich bekam wirklich mega Angst.
Was die mich wohl fragt. In mir brodelte es und die inneren Diskussionen waren wirklich kompliziert. Der Termin der Gutachterin flatterte kurze Zeit später in meinen Briefkasten. Ich war aufgeregt und konnte mich auf den Termin nicht wirklich vorbereiten, da ich nur noch Angst hatte.
Der Termin kam und wahr in eineinhalb Stunden auch wieder vorbei. Die Gutachter wollte nur meinen schulischen Lebenslauf wissen und etwas zu meiner Familie und Geschwister und wie ich jetzt leben und was mich heute beeinträchtigt. Ich bin völlig entspannt aus dem Gespräch raus. Es war ok für uns.
So wartete ich wieder. Warum ich eigentlich zu der Gutachterin musste, stand in dem Brief nicht wirklich drin.
Da mein Alltag ja sehr gefüllt ist und ich mir diesbezüglich wenig Gedanken machen konnte,
verging die Zeit schnell, so das ich selten an das laufende OEG Verfahren dachte.
Die Krankenkasse hatte inzwischen nochmal Stunden für die Therapie genehmigt und ich war deshalb eher entspannt und machte mir keine Sorgen.
Und plötzlich bekam ich Post vom LA. Ja, nach fast zweieinhalb Jahren. Ich erkannte den Briefumschlag und war mega gespannt. Doch es war nicht der OEG Bescheid, sondern eine Information wegen meines Behindertenausweises.
Ich wurde höher eingestuft, da bei Durchsicht der Unterlagen festgestellt wurde,
dass der Grad der Behinderung nicht mehr ausreicht.
Ok, dachte ich. Das ist also herausgekommen bei dem OEG Antrag. Na gut.
Wunderte mich sehr und habe zum ersten Mal beim LA angerufen, weil ich dachte, das es nun alles gewesen sei.
Die Dame am Telefon musste wohl gedacht haben, die hat ja keine Ahnung von allem. Sie klärte mich auf, dass laut dem Geschädigtengrad des OEG Antrages der Behindertengrad ebenfalls angepasst wird. Der OEG Bescheid müsste die Tage auch bei mir ankommen.
Nun bis dato hatte ich nichtmal die Ahnung, dass ich überhaupt als Opfer anerkannt wurde,
zumal ich nie persönlich dort vorstellig wurde.
Ich stellte mich deshalb auf ein weiteres langes Warten ein, doch es dauerte keine 2 Wochen und der Brief kam an.
Ich werde nun entschädigt mit einem Grad von 70. Das haute michuns fast um.
Was sollen wir jetzt sagen.Wir sind dankbar für die guten Gespräche und wohlwollenden Menschen hier,
denn hier nahm es seinen Anfang.
Ihr, die ihr irgendwo seid und mutlos seid, Angst habt und vielleicht auch viel negatives über die Opferentschädigung gelesen oder gehört habt, lasst Euch bitte davon nicht abbringen für Euch zu entscheiden, so einen Antrag zu stellen.
Es stimmt, nicht alle Anträge gehen so gut aus, wie meiner, doch hätte ich deshalb nie den Antrag gestellt, würde ich heute nicht diesen positiven Bescheid in den Händen halten.
Ich möchte Euch Mut mache, wagt es auch, denn es gibt es, das kleine Wunder.

Kleine Wölfin
Hallo Kleine Wölfin,

ich werde mich von einem solchen Antrag nie betroffen fühlen, da ich noch sehr familienverbunden bin und davon ausgehe, dass bei mir Schule und die ursprüngliche Veranlagung zur einer dissoziativen Störung geführt haben, davon abgesehen freue ich mich immens über die Neuigkeit und mit Dir.
Ich habe früher in einem SP-Forum einen ähnlichen Vorgang verfolgt und mit unterstützt, der nicht gut ausgegangen ist (bzw. es war eine Strafanzeige).
Schön, dass es manchmal auch gerecht in der Welt zugeht! Das tut auch gut zu lesen.
Die Geduld hat sich gelohnt :)
LG
KTT
Ja, viele Anträge fallen nicht so positiv aus wie meiner. Das finde ich sehr traurig. Und wenn man diese Ergebnisse liest und vorhatte einen Antrag zu stellen, verliert man unter Umständen den Mut dazu. Dabei ist es doch wichtig ein Zeichen zu setzen, damit die Menschen sehen, wie vielen Kindern/Menschen das tagtäglich passiert. Seid mutig und steht für Eure inneren verletzen Anteile ein. Ich denke, dass könnte auch ein Schritt sein, die Vergangenheit langsam zu verarbeiten. Zumindest ist es so für mich.
Hallo kleine Wölfin,

wir freuen uns mit euch! Es ist schön zu sehen, dass es auch mal klappen kann. Wir denken, dass der Weg bis dahin schwer war und dass ihr vermutlich noch ein Stück zu gehen habt, aber jetzt könnt ihr nach vorne blicken. Das ist gut. Und dabei seid ihr ja nicht allein ;)

Liebe Grüße
WhiteHorses


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen:
1 Gast/Gäste