Sigyn
Wer ist ich?
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Kommentare erwünscht Wer ist ich?
Hallo,
ich hoffe, dass ich hier thematisch reinpasse, finde es etwas schwierig, die passende Kategorie zu finden. Ich möchte hier über etwas sprechen, bzw. einfach mal eine Frage in den Raum stellen, die mich zunehmend beschäftigt. Vermutlich kennt das jeder mit DIS, nur weiß ich nicht, ob man auf diese Frage auch tatsächlich eine Antwort finden kann.
Je besser ich mein System kennenlerne oder mich zumindest dafür sensibilisiere, dass ich nicht allein in meinem Körper bin, desto mehr habe ich das Gefühl, mich selbst in diesem Chaos völlig zu verlieren. Mir ist schon lange vor der DIS aufgefallen, dass sich mein ICH-Gefühl manchmal verändert, habe das aber immer für Entwicklung gehalten. Gewundert habe ich mich erst, als dieses Gefühl anfing, hin- und her zu springen, schwierig zu erklären. Stellt euch das so vor, als würdet ihr euch eine Weile so fühlen, als hättet ihr euren Charakter auf positive Art weiter entwickelt, als wärt ihr persönlich gewachsen. Das hält dann auch eine ganze Weile an und plötzlich, ohne erkennbaren Grund, fühlt ihr euch wieder so, wie vor vielen Jahren, als hätte diese Entwicklung nie stattgefunden.
Aber es geht noch weit darüber hinaus, manchmal habe ich das Gefühl, in mir ist nur Negativität und Hass, dann wieder bin ich nur von Liebe erfüllt. Mal bin ich ein Narzisst, mal das Gegenteil. In mir ist ein Teil, der ist extrem sanftmütig und dieser Teil hat immer danach gestrebt, diese Sanftmut in jeder Sekunde zu leben, egal was von außen auf mich zugetragen wird. Ich habe früher gedacht, ich würde einfach nur entscheiden, wer und wie ich sein will, nach hohen moralischen Grundsätzen streben.
Doch dieser Teil wird immer wieder unterdrückt, weggeschoben und ist manchmal für Jahre wie verloren. Doch egal wer vorne ist, egal wie gegensätzlich die Energie und das Wesen der unterschiedlichen Anteile sind, es fühlt sich immer an wie ich. Das macht mir nen totalen Error, je mehr ich versuche zu ergründen, wer ich denn nun eigentlich bin.
Wenn ich all die Personen in mir tatsächlich als eigenständige Personen anerkennen soll, ergibt das keinen Sinn, dass wir uns quasi ein Ich-Gefühl teilen. Die Antwort, die immer wieder in mir aufsteigt lautet, das bin alles Ich. Doch wie kann ich dann immer wieder die Kontrolle verlieren und das, obwohl ich in 90% der Fälle noch fast alles mitkriege? So richtige Aussetzer habe ich Gott sei Dank nur in Zeiten extremer Belastung, und ich glaube auch immer mal kürzere im Alltag, die ich meistens gar nicht mitkriege. Ist mir gerade gestern aufgefallen, da YouTube steif und fest behauptet, ich hätte ein Horoskopvideo für Stier angesehen. Ich bin kein Stier, also warum hätte ich das tun sollen? Ich kann mich auch nicht erinnern, es gesehen zu haben, gleichzeitig habe ich keine erkennbare Gedächtnislücke gestern, es muss also ein relativ kurzer Zeitraum gewesen sein.
Aber ich schweife ab, es ist schwierig zum Ausdruck zu bringen, was ich meine. Ich weiß nicht, wie ich das "Viele sein" in der Tiefe verstehen soll. Bin das immer ich, in tausend verschiedenen Kostümen, oder sind tausend verschiedene, echte Persönlichkeiten, die alle in mir leben? Und wenn es so ist, wie finde ich dann heraus, wer von diesen Leuten ich bin?
Wie soll ich ein Gefühl für mein System kriegen, wenn ich nicht erkennen kann, wer ich bin und wo ich gerade bin, ob ich vorne bin und die Kontrolle habe oder ob ich gerade nur co-bewusst bin? Bin ich überhaupt der Host oder nur ein Anteil?
Ich hoffe ihr versteht, was mich hier umtreibt und vielleicht hat ja jemand für sich eine Lösung dieses Problems gefunden und würde die mit mir teilen.
LG,
Sigyn
Wollte da lassen, dass ich es gelesen habe.

Was du schreibst ist auch grad meine Baustelle und stellt alles in Frage. Hab keine hilfreiche Antwort für dich, sorry
Hallo Ulli,
danke für deinen Kommentar. Zumindest finde ich es ein wenig entlastend, zu wissen, dass es auch anderen so geht. Weißt du was ich meine?
LG,
Sigyn
Hey Sigyn,

sorry, war irgendwie schon wieder wochenlang abgetaucht.
Also das was Du beschreibst, treibt mich gerade auch extrem um. Dass ich einfach nicht weiß, wer ich bin und dass das auch sehr fluide zu sein scheint.
Auch durch die Therapie mischen sich jetzt manchmal Anteile zusammen, dann spalten sie sich wieder auf und es ist schwer durchzusehen. Wie das Chaos gelöst werden kann, weiß ich nicht. Wir sehen es als gutes Zeichen an, wenn es ein stärkeres Ich-Gefühl gibt und nicht so sehr das Gefühl, dass andere unser Leben leben und wir es nicht beeinflussen können oder es gar nicht wirklich erleben. Für uns ist es ein Zeichen, dass Zusammenarbeit und Co-Bewusstsein jetzt besser funktionieren.

Was uns und der Thera ganz gut hilft/geholfen hat, war klar zu unterscheiden zwischen der "wir"-Form (alle Innies als Gesamtheit sind gemeint) und der "ich"-Form (ich rede über mich als Anteil). Gerade ist das aber alles etwas verschwommen und nicht so klar bei uns, was ich ist und was wir. Es ändert sich ständig. Aktuell bleibt uns nicht viel, als das erstmal so hinzunehmen, dass es so ist. Aber es wäre natürlich besser, wenn wir Dinge besser zuordnen könnten, um sie besser zu ergründen, zu bearbeiten oder auch einfach, um Bedürfnisse und Wünsche einzelner und der Gemeinschaft (wir nennen das Team) besser erfüllen zu können.

... Der Text schein genauso chaotisch geworden zu sein, wie es sich gerade in meinem Kopf anfühlt. Sorry ...
Fini
Da ich wieder zurück bin und ein bisschen weiter gekommen, kann ich dazu jetzt ein bisschen was sagen, denn ich konnte das "Ich" ein wenig eingrenzen. Für die Erklärung muss ich aber etwas ausholen und ich hoffe, dass ist jetzt nicht zu triggernd.
Ungefähr vor einem halben Jahr kam bei mir der Verdacht auf, ich könnte von organisierter, (vermutlich auch ritueller) Gewalt betroffen sein und dass wahrscheinlich noch Täterkontakt besteht, von dem ich nichts weiß. Inzwischen hat sich das zumindest für mich (von außen glaubt einem ja eh keiner) bestätigt. Jedenfalls habe ich, als der Verdacht aufkam, nach Hinweisen für eine solche Sachlage recherchiert und bin auf eine Liste gestoßen, die eine Betroffene aus Büchern von Psychologen zusammengestellt hatte. Diese Liste war ein absoluter Augenöffner und klärte endlich die Frage nach dem Ich.
Da war nämlich ein Punkt bei diesen Hinweisen, der die Frontperson als leere Hülle beschrieb. Die Innenpersonen können sich gewissermaßen hinter dieser Hülle verstecken, agieren und switchen, ohne dass es von außen erkennbar ist. So etwas kommt wohl bei gemachten Systemen häufiger vor. Jedenfalls beschreibt das exakt, wie es in mir aussieht und erklärt die vielen Fragezeichen in meinem Kopf bezüglich des Ichs. Denn egal wer mit vorne ist, ich nehme die Gedanken und Gefühle derjenigen Person als meine eigenen wahr, was es für mich fast unmöglich macht, herauszufinden, was eigentlich zu mir gehört. "Ich" bin die Frontperson, aber ich bin im Grunde nur eine leere Hülle, ohne eigene Gedanken, Gefühle und Interessen. So wurde der Name Shelly geboren für mich als Frontperson, Shelly von englisch shell = Hülle.
Seit ich das alles weiß, habe ich erste Fortschritte machen können, darin die anderen und mich auseinanderzuhalten, aber da liegt noch ein langer Weg vor mir. Jedenfalls schreibe ich das für alle, die unter einer ähnlichen Verwirrung leiden. Möglicherweise kann das auch anderen beim Verstehen helfen.
LG,
Shelly
Vielleicht hilft es einfach mal, zu einer Zeit, an dem dir möglicherweise aufällt, dass wieder jemand in dir steckt, ihn einzuladen sich zu zeigen - und wenn es nur seine/ihre Person ist. Keine Kommunikation, keine warum? oder wer er/sie ist?, sondern ein einfach "zeigen / gesehen werden" im Innen..
Hallo Maddox,
danke, ich finde die Idee großartig! Kann mir zwar nicht vorstellen, dass ich dann tatsächlich ein Bild vor Augen habe, aber wer weiß schon, was dann als Antwort kommt. Ist auf jeden Fall etwas, das ich noch nicht versucht habe. Bin sehr gespannt und werde berichten, was dabei herauskommt. :)


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