Schaf
Ich will doch eigentlich Leben
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Trigger Ich will doch eigentlich Leben
Hi Ihr Beiden,

ausdrückliche Zustimmung.

Kenn' ich auch genau so:

Da ist kein System dahinter, wer Glück hat oder nicht und es braucht Glück. Ich weiß noch, wie mich so'ne Userin in einem anderen Forum immer auf die Palme gebracht hat. Die war 'n junges Ding, hatte Magersucht und wurde prompt beim ersten Anruf bei einer Therapeutin unter die Fittiche genommen. Die konnte dort jeden Tag, der Wochentage (!!!!) erscheinen und wurde betüttelt wie ein Baby. Hat dann alles geschafft, Abi, Studium, netten Partner gefunden, guter Job als Akademikerin, dann Ehe, Hausbau, Familiengründung.... Und die war eingebildet, als hätte sie das alles Kraft ihrer eigenen Grandiosität geschafft, anderen hat sie es immer fett reingedrückt, dass ihre Therapie so erfolgreich ist, weil sie sich halt mehr anstrengt und die bessere Patientin sei.... Bloß ihren Narzissmus hat ihre Therpapeutin ihr halt nicht austreiben können.... Urghh.... Sowas kriegt man dann noch vorgesetzt. Man ist ja noch nicht genug verzweifelt und hat noch nicht genug Schmerzen und Angst, nee?

Und dann gibt's andere Menschen, die kommen vom Regen in die Traufe, suchen, versuchen, werden immer verzweifelter und  keine Tür geht auf. Da ist es tatsächlich besser, einfach dann zu versuchen, für sich selbst gut zu sorgen und sich den Therapiesuche und Therapeutenstress nicht mehr anzutun. Auch ich hab' so die letzten 4 Jahre allein überstehen müssen, bin dann zufällig auf die Tavor-Schiene und zum Neurofeedback gekommen, was half. Aber es ist echt so: Das kann alles ganz schön nach hinten losgehen, Therapien, Kliniken, SHG und alles Mögliche.

Mir hat der Abstand von 4 Jahren gut getan, wo mal nicht dauernd jemand an mir gerissen und gezerrt hat, denn das Hirn wurde ruhiger.

Was ich aber doch jedem mit auf den Weg geben will, ist einfach, dass es mit der Traumatherapie insgesamt besser wird und dass man die Hoffnung, dass es in der Zukunft klappt und dass es besser wird, nicht aufgeben braucht und sollte.

Es heißt zwar: Zeit heilt alle Wunden und dies gelte bei Trauma leider nicht.  Aber auch das stimmt so nicht. Das Gehirn lässt immer seine Selbsthilfekräfte arbeiten und auch Traumafolgestörungen werden mit der Zeit besser, vorausgesetzt, kein unfähiger Therapeut behindert das Gehirn dabei, seinen Job zu machen. Mit jedem Falshback lernt das Gehirn dazu, wie es mit diesen Zuständen umgehen muss, damit es besser wird.

Solche Aussagen wie "Eine Besserung ist nicht mehr zu erwarten." würde ich aus meinem Gedächtnis streichen, weil das ist Quatsch. Das kann derjenige, der das sagt in aller Regel nicht mal einschätzen.

Mir hat man mit 28 nur infauste Diagnosen gestellt. Jedes Mal hieß es, dass ich die nächsten 3 Monate oder das nächste Jahr nicht überlebe. Es hieß, die nächste Enttäuschung würde ich nicht überleben und sie kam. Ich fand einen tollen Freund, er servierte mich übelst ab nach wenigen Tagen, vor allen anderen, die absolute Schmach. Jeder sagte: "Das überlebt sie nicht auch noch!". Ich hab' es überlebt und alles andere auch.

Alle Therapeuten und Ärzte haben mich abgeschrieben, Jahre und Jahrzehnte lang kam ich Zeug an den Kopf geworden, Absagen usw......

Ich hab's allen gezeigt und die saßen da mit offenen Mündern und großen Augen und haben nur noch gestammelt: "Sie machen ja alles allein. Woher nehmen Sie nur diese Energie?!?".

Ich glaube, nur wenn man weiß, dass man auch allein viel schaffen kann und diesen Optimismus hat, dass trotzdem was gelingen kann, dann schafft man auch viel in Eigentherapie. Man muss sich gegen solche blöden Hiobsbotschaften abgrenzen lernen und lieber dann andere User ansprechen, die sowas schon durchlebt haben und die was draus machen konnten.

Letztlich heilt das Gehirn, wenn man richtig damit umgeht, das geht zur Not auch ein Stück weit in Eigentherapie, bis jemand kommt, der richtig helfen kann.

Mein Ex-Traumatherapeut hat gemeint:
"Wenn kein passender Traumatherapeut da ist, dann muss es halt in Eigentherapie und ohne Therapeut gehen. Dann muss man sich selbst heilen lernen.".

Keiner will hören, dass er da allein durch soll. Aber wenn man schon keinen findet, dann ist es ein wichtiges Wissen, dass einem jamand sagt, dass auch eine Eigentherapie geht und es sinnvoll ist, auch sich allein weiterzubringen. Alles darf man nicht von so einer Traumatherapie abhängig machen. Die Sonne können sie uns ja doch nicht nehmen. Es bleibt noch viel, was trotz Traumafolgestörung geht. Wenn ich gejammert habe, hat mein Thera gesagt: "Ich hab' heute noch einen Termin und geh' jetzt einen Patienten besuchen, der hatte einen schweren Unfall und liegt jetzt mit einem hohen Querschnitt im Pflegebett. Im Vergleich zu ihm haben Sie noch wahnsinnig viele Möglichkeiten. Nutzen Sie die doch und verbringen  Sie ihre Zeit mit positiven Dingen, soviel wie geht.".

Und ja, wenn man psychisch krank ist, ist angeblich alles psychisch. Da muss man manchmal auch mehrere Ärzte aufsuchen, bis man den Arzt des Vertrauens gefunden hat. Und wenn mir Ärzte schon blöd kamen, dann hab' ich gesagt: "Bei Ihnen ist immer alles gleich psychosomatisch. Wie wär's, wenn sie die  körperliche Seite erst mal abklären und das sicher feststellen? Was ist, wenn ich wirklich was habe und Sie haben es dann übersehen? Glauben Sie, dass sich ein Depressiver auch kein Bein brechen kann, nur weil er 'ne Depression hat? Natürlich können psychisch Kranke auch mal körperlich krank werden.". Dann war meistens Ruhe und die Ärzte arbeiten dann auch vernünftig und machen dann das, was sie bei jedem anderen Patienten auch veranlassen würden. Man muss sich schon z.T. behaupten lernen und auf blöde  Reaktionen und Sprüche auch mal Klartext reden, das kommt dann schon an.

Verstehen tu' ich das alles sehr gut. Auch in einem Forum hat mal eine geschrieben, dass es so übel ist, sie könnte dieses "Holen Sie sich Hilfe!!" nicht mehr hören. Ich auch nicht. Denn man kann das versuchen, soviel man will. Das funktioniert bei einer läppischen kleinen Depri oder einer Phobie oder einer Angsterkrankung, dass man grade mal so mir nix dir nix 'nen Therapieplatz kriegt.

Alle anderen Patienten, die wirklich ernsthaft krank sind, insbesondere Trauma- und Borderline-Patienten haben sich doof suchen können und nix gefunden, sind mies behandelt worden udn dann wird man noch hingestellt, wie wenn man selbst schuld wäre an allem.....

Nee, man muss schon echt aufpassen, dass man sich da nicht noch fertiger macht als man schon ist und oft ist der Rat von Selbstbetroffenen viel mehr wert als der von vermeintlichen Helfern. Die stecken nicht jeden Tag da drin und müssen alles aushalten und sich kümmern, obwohl es nicht geht. Am Ende, als keiner half, hab' ich mich mit Tavor zugeballert, weil ich meine Ruhe haben wollte und endlich wieder was leisten  können wollte. Das hat sogar Jahre geklappt, mit relativ niedriger Dosis. Tavor als Langzeitmedikament... keine gute Idee, aber bei mir hat's geklappt und zwar ohne süchtig zu werden und ohne das ganze Hirn zu schädigen. Mit noch höherer Dosis hätte ich aber mein Gehirn abgeschossen, die nächsten behelfen sich mit Naltrexon, bei manchen hilft's gut, bei anderen ist es auch ein Flop.

Ich gehe heute den Mittelweg. Ich versuche Dinge, aber wenn die mir nicht gut tun, dann lass' ich's auch wieder. Therapiepausen tun auch mal gut, man wird dann wieder selbständiger. Das tut erst sehr weh, aber mit der Zeit lernt man dazu, wie man es anfangen muss. Aus Foren kann man viel mitnehmen, wenn man eins findet, wo gute User schreiben. Es gibt gute Bücher heute, wo man was lernen kann, mal bei Amazon schauen, was gute Bewertungen hat.

In diesem  Sinne:

Das kann alles durchaus besser werden.

GlG

GGG

PS Und vor ein paar Monaten ging's mir genau wie Euch und dann kam aus dem Nichts der Traumatherapieplatz auf dem Silbertablett an und das war jetzt das 3. Mal, dass ein  Traumatherapeut das Herz aufgemacht hat, mich zur VIP-Patientin gekürt hat und ich plötzlich nicht irgendwen, sondern einen Spitzentherapeuten. Das kann anderen auch passieren. Nur Garantieren gibt's nicht.

Ich weiß von vielen, die eben z.B. Frau Reddemann oder Frau Huber oder sonstige Leute wie die Ego-State-Insitute oder Emdria-Listen abtelefoniert haben, z.B. die Liste von Vielfalt eV oder Kliniken angerufen mit der jeweiligen Therapieform und so ambulante Therapeuten gefunden habe, mit Wartezeiten, aber es hat dann geklappt.

Manche gingen nach Bad Honeff und wurden dort ambulant weiterbetreut oder zu anderen Traumahochburgen oder Traumakliniken und man hielt die über Wasser....

Es gibt alles, von den bittersten Pleiten, Pech und Pannen- Verlaufen bis hin zu idealen Verläufen, wo alles super lief vom ersten Tag an.

Aber wenn man es nicht ab und zu wieder versucht, dann geht's nicht, jemanden zu finden. Deshalb würde ich sagen: Dosiert suchen, wenn's zuviel wird, einfach denken, dann mach' ich jetzt erst was Anderes.

Mein neuer Therapeut ist übrigens seit über 10 Jahren da gewesen, gar nicht so weit weg von mir und ich hätte ihn viel früher finden können, wenn ich in der Region gesucht hätte. Da denke ich halt auch wieder. Hätte ich es mal doch dort noch versucht, dann wäre heute alles besser und ich hab's verpasst.

Kann Euch gut verstehen und es tut mir auch sehr leid, ärgert mich auch, dass es alles so mistig ist.

Was vergessen:

Und ja, mir ist klar, was das macht. Da geht's einem eh schon schrecklich und jede Sache, jede Erfahrung, jeder Satz triggert, dann kriegen Anteile Angst, die einen werden wütend, weil verzweifelt, die Kleinen heulen, die Schmerzen werden immer schlimmer.... Noch mehr Durcheinander, dann klappt im Alltag gar nix mehr, der Druck steigt.

Auch die Therapeutensuche will gelernt sein, man muss mit den Anteilen darüber reden, wie das alles läuft, mit den Gefühlen der Hoffnungslosigkeit umgehen lernen, wenn wieder einer keinem helfen will. Da kommt ein Absturz nach dem nächsten. Ich glaube, je mehr Absagen und Klatschen kamen und je mehr mir einige gute Leute dann gesagt haben, dass das an diesen Therapeuten liegt und nicht an mir und ich - wenn ich in der richtigen Ecke suche - bessere Erfolgschancen habe, ging's dann leichter, sich das nicht so zu Herzen zu nehmen. Irgendwann wurde ich da cooler und meine Anteile auch. Statt wie früher jedes Mal bei einer Absage wie ein Kartenhaus zusammenzufallen, kam dann eher die Reaktion: "Mit diesem unfähigen Heini brauch' ich meine Zeit nicht verplempern, da geh' ich lieber ein Eisbecher essen.".

Wenn man mal soweit ist, dann hat man schon  viel geschafft und dann wird's auch einfacher, gezielter zu suchen oder es einfach 'ne Weile zurückzustellen. Mit Euren inneren Anteilen anfangen zu kommunizieren könnt ihr auch ohne einen Therapeuten lernen. Und mit der Zeit arbeitet die Truppe vielleicht recht vertrauensvoll gut zusammen. Das ist wie in einer echten Familie. Die müssen auch zusammenarbeiten lernen, das geht z.B. am Anfang mit Briefe hinterlegen für die anderen oder ein Tagesheft, wo jeder was reinschreibt, wenn er da war und schreibt als Info für die anderen, damit sie sich gegenseitig kennenlernen. Mein Thera hat gesagt: "Reden Sie mit den Stimmen im Kopf, sprechen Sie die Kinder an. Die hören die ganze Zeit zu. Sie müssen sich so verhalten, dass die Anteile Ihnen vertrauen lernen und dann werden Deals gemacht, dann wird verabredet, wie der Alltag zu organisieren ist, wer was macht oder dass die sich zurückziehen und Sie machen können, was zu tun ist. Man muss lernen, ängstliche und verletzte  Anteile zu trösten, ihnen Mut machen.".

Das Wichtigste ist echt:

Man muss den Kindern und Anteilen sagen:
"Wenn's Euch schlecht geht, müsst Ihr Skills machen, am Besten wäre Sport, Laufen gehen, oder Riechstäbchen oder Chillies oder kalt duschen oder Schlafen zum Erholen.".

Man kann sagen:
80% von dem, was Euch ein Traumatherapeut sagen könnte, könntet Ihr bei anderen Betroffenen erfragen, die Traumatherapie machen oder aus Büchern und Medien lernen und bei anderen Professionen rauskriegen. Und nur ca. 20 % der Therapie sind Inhalte, die dann wirklich nur ein Therapeut kann. Also bleibt viel, was man selbst ohne Therapeut für sich tun kann, damit es besser wird.

Es gibt da kein Alles oder Nichts.

:-)

Und ja, hier auch ein Dorfbewohner, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Und unsere zuständige Klinik hier vor Ort ist mit die schlechteste im ganzen Bundesgebiet, bei mir haben die alles versaut, obwohl sie angeben und eingebildet sind wie eine Horde Affen.

Hab' dann Kliniken in hunderten Kilometer Ferne angesprochen, mal ambulant dort angefragt, mal Klinikaufenthalt. Da ergaben sich dann z.T. noch Kontakte, die mich per Telefon über Jahre aus der Ferne betreut haben, damit ich überhaupt am Leben bleibe.

Und aktuell kommt auch ganz stark das Thema Fernbehandlung ins Spiel. Das wird evtl. in den nächsten Jahren kommen. Es gibt schon Online-Sprechstunden, ich glaube auch bei Psychiatern. Online-Therapie gibt's bei meiner Krankenkasse, leider aber noch nicht für Traumapatienten, aber für alles Andere.

Ich könnte mir vorstellen, dass Telefon-Therapie und Online-Therapien in den Katalog der GKV kommen, weil die ländlichen Gebiete total unterversorgt sind. Da will man evtl. auch bei der Bedarfsplanung dran gehen.

Und an gewisse Ministerien werde ich demnächst schreiben, weil das soziale Entschädigungsrecht neu geregelt wird und da unbedingt was passieren muss. Außerdem versuche ich derzeit, wichtigen Traumaforschern mehr Gehör und Einfluß bei Politkern und Ministerien zu verschaffen, evlt. spreche ich auch die Medien an, damit was passiert. Es ist gar nicht so, dass man nix erreichen könnte, nur macht's bisher von den Betroffenen keiner. Die ganze Selbsthilfe zielt bisher nur darauf ab, für Missbrauchspatientinnen möglichst gute Sonderkonditionen rauszuholen. Ich gönn's denen ja, aber besser wäre, wenn auch die anderen Patieten miteinbezogen werden.

Es ist wirklich 'ne Tatsache, dass ich auf meine Beschwerden wirklich gute Reaktionen bekomme und das die Verantwortlichen wachrüttelt und die eigentlich echt dankbar sind, wenn man ihnen hieb- und sichtfeste Argumente liefert, wie sie das begründen können, dass sie den Betroffenen Hilfen zubilligen können.

Ich glaube, es setzen sich viele Menschen dafür ein, dass es besser wird, auch in der letzten Provinz. Und die ganzen blöden Deppen, die man halt sonst trifft, die nerven und runterziehen. Ja, die gibt's halt immer und überall.

Ich hab' mal einen schönen, etwas vulgären Spruch gelesen:

"Im Leben musst Du sein wie ein Stuhl. Der muss auch mit jedem Arsch klarkommen.".

Das ist echt wahr und gilt besonders für Therapieplatzsuche. Man darf's nicht so an sich ranlassen, was irgendwer behauptet.

Da muss man positiv und stabil bleiben, für sich selbst und seine Anteile.

:-)


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Ich will doch eigentlich Leben - von Schaf - 03.12.2018, 18:08
RE: Ich will doch eigentlich Leben - von jOANA - 03.12.2018, 19:27
RE: Ich will doch eigentlich Leben - von Schaf - 03.12.2018, 19:35
RE: Ich will doch eigentlich Leben - von jOANA - 03.12.2018, 19:40
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RE: Ich will doch eigentlich Leben - von GGG - 05.12.2018, 17:11
RE: Ich will doch eigentlich Leben - von GGG - 06.12.2018, 12:46
RE: Ich will doch eigentlich Leben - von GGG - 07.12.2018, 12:25

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